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Wissenschaft - Psychologie

„Art of Thought“ Graham Wallas

In dieser Rubrik wollen wir einen direkten und zeitgenössischen Bezug zu einem einzelnen Fachbereich der Wissenschaft bringen, den wir für lesenswert erachten unter unserem Monatsthema:


Wie werde ich kreativ? Kreativitätsphasen nach Wallas  (2011)  

3:18 Min / Deutsch
Youtube:  frei zugänglich

Dieser kurze Erklärpodcast zeigt sehr gut verständlich, anhand des sog. „Ideenvulkans“, wie der Wissenschaftler Graham Wallas die einzelnen Phasen der Kreativität definiert hat, wie dieselben verlaufen und aufeinander aufbauen.

In The Art of Thought  von Graham Wallas (1926) griff er auf die Arbeiten von Hermann von Helmholtz und Henri Poincaré zurück, um eines der ersten vollständigen Modelle des kreativen Prozesses vorzuschlagen – bestehend aus dem vierstufigen Prozess der Vorbereitung (oder Sättigung), Inkubation, Beleuchtung und Verifikation eines Modells, das in wissenschaftlichen Arbeiten über Kreativität nach wie vor hoch zitiert wird. 

 

Das Vier-Phasen-Modell

Dieses Modell geht zurück auf Beobachtungen des deutschen Physiologen und Physikers Hermann von Helmholtz (1884) und des französischen Mathematikers Henri Poincaré (1908). Graham Wallas hat diese Beobachtungen 1926 zu einer systematischen Theorie des kreativen Denkens zusammengefasst. Heute gelten die von Wallas eingeführten Stichworte als universelle Elemente, die während der Gedankenarbeit fast immer in ähnlicher Weise auftauchten.

Phase der Präparation (Vorbereitung): Das Problem wird als solches erkannt

Die erste Phase ist die Einstimmung auf das Problem. Die Vorbereitungsphase hat einen stark entdeckenden Charakter und wird auch Phase der Exploration oder der Saturation (Helmholtz, Poincaré) genannt. Hier findet das Entdecken und Sammeln von Informationen über das Problem statt und somit wird ein Wissen aufgebaut. Aus diesem angesammelten Rohmaterial werden später kreative Lösungsansätze entwickelt.

Es ist von der Situation abhängig, auf welche Weise ein Individuum oder eine Gruppe zu kreativen Leistungen animiert werden kann. Die Literatur führt diesbezüglich hinreichend Beispiele an. So mögen bei einigen Menschen das neue Positionieren des Schreibtisches, auf und ab Gehen, autogenes Training, ein morgendlicher Dauerlauf oder ein tägliches trockenes Hautbürsten von den Extremitäten zum Herzen hin einen positiven Einfluss ausüben. Ein Augentraining zur Harmonisierung der Gehirnhälften oder Freudeübungen wie positive Eigenmotivation durch eine freundliche innere Stimme werden ebenso empfohlen, eine inspirierende Atmosphäre zu stimulieren.

Phase der Inkubation: Man glaubt, nie eine Lösung zu finden, und fühlt sich schlecht

Aus medizinischer Sicht beschreibt der Begriff Inkubation die Zeit zwischen Infektion und Ausbruch einer Krankheit. Im übertragenen Sinne dominiert während dieser Kreativitätsphase nicht das bewusste geistige Ringen um und mit Rohmaterial, sondern ein Reifeprozess.

Um diesen Prozess ungestört ablaufen zu lassen, entfernt sich der Kreative bewusst von dem Problem, verneint es und beschäftigt sich mit Themen, die scheinbar nichts mit dem Problem zu tun haben. Diese Abkehr kann einen Ausbruch aus gewohnten Denkmustern ermöglichen. Künstler berichten in dieser Phase beispielsweise von einer Rückwärtsbewegung vom Wort zum Bild, die schöpferische Impulse auslösen kann.

Helmut Schlicksupp empfiehlt, der eigenen unbewussten Kreativität zu vertrauen: Die Inkubation sei die Phase, in der die während der ersten Phase angesammelten Informationen in das Unterbewusstsein absinken und dort schwebend weiterverarbeitet werden.  

Phase der Illumination: der Geistesblitz

Als plötzliche „Erleuchtung“ oder auch „Heureka-Erlebnis“ wird der kreative Einfall bewertet. Dabei handelt es sich um eine Einsichtsphase, die das Erlebnis des Richtigseins beschreibt. Bei einem Individuum kann plötzlich ein lang ersehnter Lösungsansatz aus dem Unterbewusstsein auftauchen. In einer Gruppe kann eine zufällige Wahrnehmung eines nebensächlichen Details oder das Verhalten einer anderen Person dieses Erlebnis auslösen.

Phase der Verifikation: Machbarkeit und Umsetzung

Die gefundenen Lösungsansätze bedeuten oft noch nicht die völlige Lösung eines Problems. In der vierten Phase, auch Gestaltungsphase oder Phase der Elaboration genannt, werden die Lösungsansätze systematisch ausgearbeitet und die gewonnenen Einsichten auf Machbarkeit überprüft.

In vielen Projekten mündet diese Phase zuerst in der Präsentation einer Idee vor einem Entscheidungsgremium. Hier gibt Helmut Schlicksupp zu beachten, dass, je embryonaler eine Idee ist, sie desto angreifbarer gegenüber Kritik und Zweifeln wird. Daher ist eine detaillierte Ausgestaltung der Idee wichtig, die über Funktionen, Nutzen und Wert genau Auskunft gibt.

Zuweilen wird von einer fünften Phase gesprochen: Der Elaboration, also der Ausarbeitung des Gedankens. Bei Poincaré finden sich diese fünf Phasen, wenn auch nicht unter den Stichworten, die Wallas eingeführt hat. Systematisch hängen aber Verifikation und Elaboration miteinander zusammen. Poincaré war der Überzeugung, dass die Ausarbeitung Teil der Überprüfung sei. Insofern ist die Beschränkung auf vier Phasen durchaus berechtigt.

Quelle: wikipedia deutsch


Graham Wallas

(* 31. Mai 1858 in London, Englisch; * 9. August 1932 in London) war ein englischer Sozialpsychologe, Pädagoge, Leiter der Fabian Society und Mitbegründer der London School of Economics.

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