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Elementi 19: TRILOGOS Forum - Idee - Symbol - Wirklichkeit

Reihe von Michael Noah Weiss / Was ist Selbsterkenntnis?

SYMBOL-Definition | Im Kontext der trilogischen Medialität

Die Methode der Verfremdung, entwickelt von F. Wallner im Zuge seiner Theorie des Konstruktiven Realismus ist eine Methode der Erkenntnisgewinnung (Wallner, 1992 a + b). Jedoch verzichtet sie dabei, im Gegensatz zu anderen Erkenntnismethoden, auf die Voraussetzung einer auf-findbaren, ent-deckbaren, objektiven Wirklichkeit. Im Zuge der Anwendung der Methode der Verfremdung wird eine Struktur Sx aus ihrem ursprünglichen Kontext Kx herausgelöst und in einen anderen, der Struktur Sx völlig fremden Kontext, z.B.: K1, eingefügt. Da Struktur Sx noch nie zuvor im Kontext K1 angewendet wurde, kann davon ausgegangen werden, dass dabei etwas produziert wird, was ebenso noch nie hervorgebracht wurde (vgl. Greiner, 2001). Kurz gesagt: Die Methode der Verfremdung bringt NEUES hervor. Dieses Hervorbringen von NEUEM wird im Konstruktiven Realismus als Erkenntnis bezeichnet.

Wenn durch die Methode der Verfremdung NEUES, also Erkenntnis entsteht, so ist zu fragen was dabei Erkenntnis im Konkreten heißt. Und dies ist immer eine Frage der Bedeutung (welche Bedeutung z.B. die Struktur Sx in neuem Kontext K1 erhält). Da aber die jeweilige Bedeutung nicht in den Gegenständen selbst liegen kann (da ja, nicht von einer auf-findbaren, objektiven Wirklichkeit ausgegangen wird), muss sie vom Realitäten-konstruierenden Individuum selbst festgelegt werden.

Die Frage "Wer bin ich?" kann nur anhand von Konstrukten erörtert werden. Eine unmittelbare Einsicht in das Selbst gibt es, aus dieser Perspektive, nicht. Denn die Bedeutung des jeweiligen Konstrukts liegt im Konstrukteur / in der Konstrukteurin selbst, und somit kann sich der Konstrukteur / die Konstrukteurin nur anhand seiner / ihrer Konstrukte erkennen.

Die jeweilige Realität des Konstrukteurs/ der Konstrukteurin ist deshalb immer eine symbolische: Der Konstrukteur/ die Konstrukteurin spiegelt sich in seinem/ ihrem Konstrukt wider. Dieses "Sich-selbst-Spiegeln" ist im Konstruktiven Realismus die einzige Möglichkeit auf Selbsterkenntnis. Eine Aussage, eine Struktur, ein Symbol wird auf den Konstrukteur/ auf die Konstrukteurin selbst bezogen, d.h. in seinen/ ihren persönlichen Kontext gesetzt (vgl. Verfremdung). Es handelt sich dabei aber nie um eine unmittelbare, sondern immer um eine mittelbare bzw. mediale Selbsterkenntnis. Anders formuliert: "Ich kann mich nur durch meine Welt erkennen". Daraus folgt:

ICH erkenne MICH nie absolut bzw. ganzheitlich. ICH kann MICH nur immer wieder an anderem – in Resonanz - neu erkennen. Deshalb bin ICH in steter Entwicklung, die nie an ein Ende gelangt. ICH muss meine Welt immer als symbolische Welt betrachten, um MICH selbst erkennen zu können.

Symbolik ist hier nun nichts anderes als die je individuelle Be-deutungs-Verleihung (z.B. gegenüber wahrnehmbaren Erscheinungen = Erfahrungen). Diese Bedetungs-Verleihung wiederum ist nichts anderes als die Konstruktion einer Realität/ einer Micro-Welt (Wallner, 1992a).

In der individuellen Bedeutungs-Verleihung, in der Konstruktion "veräussert" sich der Konstrukteur/ die Konstrukteurin mehr oder weniger. Wenn nun er/ sie seine/ ihre Konstrukte wieder auf sich selbst rückbezieht, so kann er/ sie nicht nur Aussagen über das Konstrukt, sondern auch Aussagen über sich selbst treffen. Der Konstrukteur/ die Konstrukteurin "spiegelt" sich. Es ist dies ein Akt der Selbstreflexion bzw. der Selbsterkenntnis.

  • Wallner, Fritz: 8 Vorlesungen über den Konstruktiven Realismus. Wien: WUV – Universitätsverlag, 1992a
  • Wallner, Fritz G.: Konstruktion der Realität: Von Wittgenstein zum Konstruktiven Realismus. Wien: WUV, 1992b
  • Greiner, Kurt: Strangification: Die Problematik wissenschaftlicher Selbst-Reflexion und ihr Lösungs-Versuch im Konstruktiven Realismus (CR). © Dr. Kurt Greiner AG interkulturelle Wissenschaftstheorie, Universität Wien, 2001

 

Bei Fragen, Anregungen oder Einwänden würde ich mich über ein E-Mail unter: weiss7 [at] gmx.at sehr freuen!

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