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Elementi 06: Umwelt

von Dipl. oec. troph. Susanne Kalden- wie innen so aussen

Wir alle verwenden den Begriff Umwelt ständig in dem Glauben, daß wir alle dasselbe meinen. Die Erfahrung und die vielen Gespräche mit Menschen, die unter Umweltfaktoren leiden und mit Menschen, die therapeutisch arbeiten, haben mich gelehrt, dass Umwelt viele Gesichter hat. Ein Gesicht offenbart sich in unserer innigsten Berührung mit der Umwelt – über den spürbaren Kontakt wie z.B. Nahrungsaufnahme und Atemluft. Bei dieser Kontaktaufnahme durchdringen bzw. dringen Umwelteinflüsse in uns hinein. Unsere Haut oder besser unsere Häute wie auch Schleimhäute stellen nur eine semipermeable Abgrenzung (teilweise Durchlässigkeit) dar.

Die Schleimhaut des Darms ist bei der Nahrungsaufnahme und «Abfallabgabe» der Vermittler und die Lunge ist ein Dauerkatalysator zwischen Frischluft und verbrauchter Atemluft. Nur diese wenigen Beispiele deuten sicher schon auf die Vielschichtigkeit des Umweltbegriffs hin. Die folgende Grafik zeigt weitere Ausschnitte aus unserer Umwelt, bzw. den Umweltfaktoren. Umwelt kann sowohl stofflich (substanziell) als auch feinstofflich (immateriell) erlebt werden. Berührungen und Austausch bestehen mit lebendigen und nicht-lebendigen Umweltanteilen.

Der Mensch und seine Umwelt

Neben den schon erwähnten «innigen Berührungen» der Nahrungsaufnahme und der Atemluft sind in der Grafik weitere eher stoffliche Faktoren wie Kleidung, Kosmetik, Möbel und Wohnumfeld zu sehen. Daneben sind auch eher nicht-stoffliche Faktoren wie Strom, magnetische Felder und Wasseradern genannt. Zur Vervollständigung finden sich auch globale Umweltfaktoren wie Klima und Mond/Kosmos und psychische Faktoren. Alle wirken auf uns direkt oder indirekt, einige spüren wir bewusst, andere unbewusst. Die Wirkung auf unsere Körper-Geist- Seele-Einheit bleibt immer bestehen, unabhängig von unserer bewussten Wahrnehmung.

Der Mensch und die Umwelt beeinflussen sich gegenseitig

Das Verständnis für diese Wirkungen oder besser gegenseitigen Beeinflussung von Mensch und Umwelt wächst in unserer Kultur erst wieder langsam heran. Sogenannte «einfache Kulturen» oder auch andere Glaubensgemeinschaften verstehen Umwelt schon lange als Mitwelt. Mensch und Mitwelt, die miteinander kommunizieren. Mit diesem Verständnis tritt keine so starke Entfremdung von der Umwelt auf, die wir tagtäglich in Europa erleben können. Die Entfremdung und damit einhergehend die Missachtung unserer Mitwelt zeigt sich im täglichen Leben. Stetige Missachtung der Umwelt geht einher mit einer Missachtung der eigenen Person, da wir untrennbar mit der Umwelt verflochten sind.

Die einseitige Überinanspruchnahme z.B. Anreicherung der Luft mit Schadstoffen und die anderseitige Vernachlässigung von natürlichen Lebensräumen hat eine Imbalance in unser sensibles Ökosystem gebracht. In dynamischen offenen Systemen wie unserem Mensch-Umwelt- System werden Verschiebungen des Gleichgewichts mit Bestrebungen zum Ausgleich, zur Wiederherstellung der Balance beantwortet. Mit diesem Verständnis erscheinen die momentanen «Umweltkatastrophen» wie Überschwemmungen oder die Zunahme von «Umweltkrankheiten» in einem Zusammenhang und einer Beziehung zur bestehenden Imbalance.

Umweltverschmutzung kann nicht getrennt von körperlichen, seelischen und geistigen Krankheiten gesehen werden. Wie innen so aussen.

Innen und aussen spiegeln sich, z.B. ist die Lunge unserer Erde, unser Wald erkrankt, und auch die Lunge des Menschen leidet unter chronischer Bronchitis und Asthma. Das System Mensch findet seine Entsprechung in der «Aussenwelt» wieder. Und so liegen auch die Schlüssel für Krankheit und Gesundheit in dieser Spiegelung. Der momentane Zustand der Umwelt spiegelt sich in einer Zunahme chronischer Erkrankungen der Menschen (und auch umgekehrt). Zuerst trifft es die Schwachen und Sensiblen, Kinder und alte Menschen, deren Regulationssysteme noch nicht voll ausgebildet oder schon überfordert sind. Ein medizinischer Begriff für eine häufige chronische Krankheit ist die Allergie. Unter Allergie verstehen Mediziner eine überschiessende (oder nicht adäquate) Antwort des Immunsystems auf äussere Reize. Seit Jahren nehmen Allergien zu!

Bei der Beobachtung der Naturgewalten in letzter Zeit, z.B. Hurricane Georg, erscheint es mir fast als reagiert die Erde allergisch und wieder trifft es zuerst die Schwachen (arme Länder). Medizinisch helfen wir uns zum Unterdrücken der Symptome mit anti-allergischen Substanzen, in der Natur bauen wir Staudämme oder wenn es zu übermächtig wird, fliehen wir.

Das Abblocken und die Flucht werden nur kurzfristig Linderung verschaffen. Die Anzeichen /Symptome wollen bemerkt, wahrgenommen und verstanden werden. Häufig werden erst über einen langen Leidensweg Zusammenhänge zwischen Umweltschädigung und Schädigung des menschlichen Ökosystems erkannt. Teilweise – so scheint es – wächst die Wahrnehmung.

Globale Umweltkonferenzen wie in Rio de Janeiro sind ein möglicher Anfang und auch im kleinen wächst der Anteil der Menschen, die sich auf «Umweltmedizin» besinnen.

Ein relativ junger Zweig der medizinischen Fachrichtungen ist die Klinische Ökologie. Sie beschäftigt sich mit dem Wechselspiel von Umwelteinflüssen und menschlichen Erkrankungen. Die jahrelange Arbeit in dieser Fachrichtung hat mir viele Einblicke ermöglicht. Mit zunehmendem Wissen über unzählige Substanzen, die tagtäglich (ca. 3000) isoliert und synthetisiert werden, von denen wir häufig weder Wechselwirkung noch Spätfolgen kennen, kam nicht selten ein Gefühl der Ohnmacht auf. Zugleich aber auch eine grosse Achtung vor dem Wunder unseres Körpers, der tausende von Einflüssen abpuffert und kompensiert. In mir entstand das Verständnis, dass individuelle Gesundheit und Krankheit im Spannungsfeld zwischen inneren Faktoren (Gene, Karma) und äusseren Faktoren (s.Grafik) entstehen. Gesundheit setzt immer eine Balance zwischen der Belastbarkeit und den vielfältigen Belastungen voraus. Auch grossen «Wundermaschinen » sind gewisse Grenzen der Kompensation gesetzt. So konnte ich in den Jahren meiner Arbeit in umweltmedizinischen Einrichtungen eine stetige Zunahme der Patienten und deren Krankheitsbilder erleben. Die Krankheitssymptome treten besonders häufig an eingangs erwähnten Häuten auf. Das wundert nicht, da unsere scheinbaren inneren Schleimhäute wie Lunge und Darm unsere grösste Kontaktstelle zur Aussenwelt sind. Im Verhältnis zur Körperoberfläche sind die genannten Organe um den Faktor 200 grösser. Der Darm, der embryonalgeschichtlich Aussenhaut war, dient neben seinen Verdauungs- und Transportfunktionen auch Lebewesen als Lebensraum. Damit stellt er für uns eine Umwelt in unserer Innenwelt dar. Der Darm reagiert auf Ungleichgewicht besonders sensibel mit Dysbiosen (Verschiebungen des Darmflora-Gleichgewichtes).

Unabhängig von den Symptomen setzten wir in einem interdisziplinären Team immer auf Gespräche mit den Patienten. Wir informierten über Umwelteinflüsse (Belastungen) und über die Grenzen der eigenen Belastbarkeit. Wir motivierten zu einem schonenden Umgang mit den eigenen Ressourcen und Umweltressourcen. Wir förderten die Wahrnehmung der Mitwelt.

So kommen wir nach Umwegen und vielen «Fortschritten» dann irgendwann wieder bei dem Verständnis der Urvölker an, die noch von Muttererde sprechen und damit ihre Verbundenheit zur Natur ausdrücken.

Wir mussten lange laufen (fahren) und leiden bis wieder so einfache Erkenntnisse «Wie innen so aussen» verstanden werden. In diesem Sinne wünsche ich allen Lebewesen dieses schönen Planeten wieder mehr Kontakt zur eigenen Mitte und zur Mitwelt.

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