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Elementi 08: Die Jugend - Die junge Generation in der Problematik unserer Zeit

von Robert Stiefel

Die junge Generation in der Problematik unserer Zeit

Grundsätzlich möchte ich davor warnen, die schlechten Erfahrungen, die man mit Teilen der heutigen Jugend macht, allzusehr zu verallgemeinern. Unsere Zeit weist neben Zerfallserscheinungen auch viel Positives und Beglückendes auf. Die disziplinlosen, genusssüchtigen Jugendlichen sind in der Minderheit gegenüber den begeisterungsfähigen jungen Menschen, die ihren Schulalltag gut bewältigen und sinnvollen Freizeitbeschäftigungen nachgehen.

Wie ist die heutige Jugend und wie wirkt unsere Zeit auf sie?

Die stark veränderte Umwelt formt eine neue Generation. Grossfamilien, Bauern- und Handwerkerfamilien, in denen der arbeitende Vater sichtbar Vorbild war, sind Konsumgemeinschaften aus wirtschaftlichen Gründen gewichen. Vater und Mutter arbeiten beide, in einem Büro oder einer Fabrik, was nicht selten zu körperlicher, emotionaler und psychischer Überforderung führt. Ein Kind erlebt dann seine Eltern in Stresssituationen, abends müde und abgespannt, und grenzt sich selber aus, was zu Autoritätsverlust führt. Die Gefahr, dass sich ein Kind allein gelassen und vernachlässigt fühlt, wächst. Die Erziehung wird zusätzlich erschwert, indem das ganze öffentliche Leben die Familie überflutet und beeinflusst im Sinne einer ungeordneten Infiltration durch Radio, Fernsehen, Illustrierte, Schausport und anderes mehr. All die vielen Einflüsse können von Jugendlichen nicht mehr assimiliert werden, was zu Überreizung und Sensationslust führt. Allfällige Bildungsmöglichkeiten bleiben aus, weil keine Vor- oder Nachbereitung von Inhalten mehr stattfindet.

Die Schule ist in einer zunehmend schwierigeren Dilemmaposition. Auf der einen Seite hat sie einen immer dichter werdenden Bildungsauftrag, muss mehr und in kürzerer Zeit Wissen vermitteln, und auf der anderen Seite erwartet man Entscheidendes bei der Lösung von Erziehungsaufgaben. Dabei ist die Arbeit eines Lehrers und Erziehers ohnehin nicht beneidenswert, wenn er doch Begabte besonders fördern, Schwächere vermehrt unterstützen, Fremdsprachige integrieren und in erhöhtem Masse die Elternmitarbeit hochhalten muss. Gerne wird übersehen, dass die Aufgabe für Erziehungsbeauftragte auch darum so schwierig geworden ist, weil sich ein eigentlicher Entwicklungswandel vollzogen hat. Die Körpergrösse hat in den letzten 90 Jahren um 12 cm zugenommen, die Sexualität tritt 2–3 Jahre früher ein als vor 50 Jahren; die geistige Reife aber läuft nicht parallel dazu und erleidet Defizite. Die Folge ist für viele Jugendliche ein zu abruptes Ende ihrer Kindheit, ein Verlust spielerisch/schöpferischer Phantasie und ein Abgleiten in das allzu bekannte Halbstarkentum, in Isolation oder depressive Verhaltensmuster.

Wie sollen wir uns einstellen?

Ein paar grundsätzliche Gedanken können uns Stütze sein bei der Erziehung unserer Kinder, egal, ob als Eltern oder als Lehrer.

 

  • Erziehen wir unsere Kinder so, dass sie über ihr Tun und Lassen nachdenken, sich besinnen und Lehren daraus ziehen. Die Förderung einer solchen Gewissensbildung – ohne zu moralisieren – ist Basis für das spätere Leben.
  • Als Erzieher müssen wir den Kontakt zu unseren Kindern suchen, müssen zuhören lernen und offene Gespräche führen.
  • Ein Kind erwartet von uns, dass wir unsere Autorität zur Geltung bringen und eine klare Haltung vorleben. So lernt es auch begreifen, dass ein Leben in der Gemeinschaft immer auch mit Verzicht verbunden ist – mit Geben und Nehmen.
  • Führen wir unsere Kinder zu eigenem aktivem Tun und zeigen ihnen auf, wieviel Freude und Spass eine gelungene Arbeit zu bringen vermag. Also weg von blosser Konsumhaltung.
  • Ein Kind soll sich zuhause, in der Schule und im Freundeskreis wohl fühlen; Partnerschaft, Freundschaft und Kameradschaft geben eine soziale Stütze.
  • Erziehen heisst auch – je nach Reife und Alter – Verantwortungen übertragen und so ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zu schaffen.

Ist die Sorge um unsere junge Generation berechtigt?

Wie ich einleitend geschrieben habe, dürfen wir Unerfreuliches nicht verallgemeinern. Denken wir positiv und zeigen wir die vielen Chancen auf, die uns allen die Zukunft bringen kann. Unsere Jugend wartet darauf, dass wir sie verstehen. Wir müssen die Gefahren sehen, sie in unserem Denken und Handeln berücksichtigen, aber wir sollen unseren Kindern auch zeigen, dass wir ihnen vertrauen und immer für sie da sind, wenn sie uns nötig haben.

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