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Elementi 21: TRILOGOS Forumg - Irren ist menschlich

Reihe von Robert Pleich / Ist der Herd ausgeschaltet?

 

In der vorangegangenen „Irren ist menschlich“ – Kolumne (siehe Archiv Winter 2003) stellte ich mit einem Blick auf die aktuelle politische Weltlage die nicht ganz ernst gemeinte Frage: Gibt es intelligentes Leben auf der Erde?

Etwas ernster stellt sich die schwierige Frage nach Bewertungskriterien von Sinn und Unsinn. In unserem Kulturkreis gilt es als tolerant und demokratisch, unterschiedliche Glaubensrichtungen als gleichwertig anzusehen. Ich meine hier weniger große Religionen, sondern Überzeugungssysteme wie Astrologie, Homöopathie oder auch Schamanismus. Im Prinzip ist gegen diese tolerante Einstellung nichts zu sagen, da sie garantiert, daß es jedem einzelnen freisteht, zu glauben, was er mag.

Problematisch wird es erst, wenn wir gezwungen sind, uns zwischen verschiedenen Richtungen zu entscheiden. Wenn nämlich wirklich alle Überzeugungssysteme gleichwertig sind, ist die Entscheidung recht einfach: Wir könnten z.B. eine Münze werfen oder abstimmen oder nach Gefühl entscheiden.

Wer diese Kolumne kennt, der könnte schließen, daß ich in den meisten Fällen die moderne Wissenschaft als Überzeugungssystem bevorzuge. Hier muß ich eine wichtige Klärung vornehmen: Wissenschaft ist weniger ein System von Überzeugungen, als eine Sammlung von unterschiedlichsten Methoden zur Erkenntnisgewinnung. Diese Methoden zum Prüfen von Behauptungen halte ich für das Beste, was uns derzeit zur Verfügung steht. Und eben diese Methoden schützen vor den sehr menschlichen Tendenzen zur Selbsttäuschung. Denn natürlich können auch Wissenschaftler irren.

Dazu paßt auch folgendes chinesisches Sprichwort:
"Es gibt drei Wahrheiten: Meine Wahrheit, deine Wahrheit und die Wahrheit."

Nach dem bisherigen eher theoretischen Ansatz nun zu einem konkreten Beispiel:
Stellen Sie sich vor, sie werden kurz nach Verlassen ihrer Behausung gefragt, ob sie den Herd ausgeschaltet haben. Üblicherweise laufen nun die bekannten Zweifel ab. Hat man mehr oder minder automatisch den Herd ausgemacht? Ist die schwache Erinnerung vielleicht eine Selbsttäuschung? Nun folgt oft die einfachste wissenschaftliche Methode: Das Nachschauen! Schließlich ist es vernünftiger, einmal zuviel zu überprüfen als einmal zuwenig. In den allermeisten Fällen findet man heraus, daß der Herd aus war. Aber kaum wieder draußen stellt sich wieder dieselbe Frage. Schließlich ist es möglich, daß man doch nicht genau genug geschaut hat, oder?

Hier zeigt sich der Unterschied zwischen der alltäglichen Praxis und z. B. philosophischem Denken: Nach einmal Nachsehen nimmt man üblicherweise an, daß man nahe genug an der Wahrheit ist und bricht den Überprüfungsprozeß ab. Weiteres Nachsehen wäre wohl unsinnig oder neurotisch.

Ich will damit klarstellen, daß wir mit der Wahl geeigneter Prüfungsmethoden durchaus in der Lage sind, nahe genug an die Wahrheit heran zu kommen, daß wir eine Überzeugung als gesichert ansehen können. Das oft verwendete Argument, daß niemand im Besitz der absoluten Wahrheit sein und deshalb niemand „recht haben“ kann, und jede Position gleichberechtigt ist, fällt in der Praxis mit konkretisierten Behauptungen und ihrer Überprüfung in sich zusammen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mich für Fragen und Anregungen unter der Mail-Adresse robert.pleich [at] onlinehome.de kontaktieren.

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