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Elementi 06: Holon-Training

tiefenökologische Perspektiven zur Wiederentdeckung unseres Ökologischen Selbst

Wir wissen, was alles zerstört wird auf unserer Erde, sei es durch sogenannte Umweltkatastrophen oder durch Kriege – und doch halten wir meistens still. Wir wollen ökologisch leben und handeln – und doch «scheitern» wir viel zu oft in unserem Alltag. Ökologisches Bewusstsein entsteht nicht allein durch Aufklärung, Wissensvermittlung, und schon gar nicht mit dem moralischen Zeigefinger. Die Gesellschaft für angewandte Tiefenökologie e.V. hat sich zum Ziel gesetzt durch ihre Vortrags-, Seminar- und Bildungsangebote zu einem Bewusstseinswandel beizutragen, der uns darin unterstützt, unser Wissen, Fühlen und Handeln in Einklang zu bringen. Diese Arbeit soll uns wiederverbinden mit unserer Mitwelt und uns erinnern, woher wir kommen und was unsere Aufgabe ist, damit auch zukünftige Generationen von Lebewesen über die notwendigen Ressourcen für ein zukunftsbeständiges Leben verfügen. Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist das zweijährige Holon- Training zur Entwicklung unseres Ökologischen Selbst.

Wider die Verdrängung

Die Konferenz des Lebens, gemeinsam von Joanna Macy (USA) und John Seed (Australien) entwickelt, Teil des Holon-Trainings, ist eine neue Form des Austauschs durch Erinnerungsund Identifikationsarbeit. Denn nur das, was wir kennen und als Teil von uns selbst erfahren, können wir lieben und wertschätzen, nur dafür können wir uns einsetzen und stellvertretend handeln. Der Prozess der «Selbst»-Erfahrung findet auf einer tiefen Ebene statt, die wir mit der «Entwicklung des Ökologischen Selbst» umschreiben.

Viele von uns haben sich scheinbar mit der Oberflächlichkeit ihres Handelns abgefunden, wir reden vom «Ausgebrannt-Sein» als Entschuldigung für technokratisches oder zynisches Verhalten und spuren doch unter der Oberfläche unseres Handelns manchmal ein unverhohlenes Rumoren, ein Drücken in der Magengegend, wenn wir uns unsere Situation und die unserer Welt vergegenwärtigen. Aber darüber reden? Die Gefühle zulassen? Oh nein, das «dürfen» wir nicht. Aber was tun wir uns und unserer Welt damit an, dass wir das, was wir erfahren und fühlen, nicht mitteilen, geschweige denn in entsprechendes Handeln umsetzen? Noch mehr Frust, noch mehr Zynismus, noch mehr «burnout »-Geschädigte!

Als einzelne fühlen wir uns zu klein, zu einflusslos und ohnmächtig. Wir werden sprachlos angesichts der Grösse der sich abzeichnenden Veränderungen und verdrängen unser Wissen. Der Preis sind Isolation, Egoismus, Profitgier, Fatalismus und ähnliches. So verlieren wir unsere Visionen, unsere Wünsche und Träume von einem guten Leben – wir tun sie als Phantastereien oder Tagträume ab.

Öffnung neuer Erfahrungsräume

«Wir müssen Therapien finden und entwickeln, die unsere Beziehungen mit der grössten Gemeinschaft heilen, der aller lebenden Wesen», hatte Arne Naess vor gut zwanzig Jahren gefordert. Das Holon-Training ist weder eine «Therapie» im herkömmlichen Sinn, noch erhebt sie den Anspruch auf Heilung – was Naess meint, ist die Entwicklung unseres Ökologischen Selbst: Das heisst, nicht nur sich selbst als Teil unserer Mitwelt zu begreifen, sondern als den Teil, der aufgrund seines Bewusstseins in der Lage ist, die Folgen seines Handelns zu reflektieren und entsprechend zu verändern!

Die Entrümpelung eigener alter Glaubenssätze ist angesagt. Es genügt nicht, nur den Blick nach aussen zu richten, dahin, was «wir» als anonyme Maske mit unserer Welt anrichten. Der Fokus richtet sich gleichzeitig nach innen und aussen, wenn von «innerer» und «äusserer» Ökologie die Rede ist. Innere Ökologie beschäftigt sich mit dem «Haushalt» unserer eigenen verinnerlichten Normen, Werte und Verhaltensweisen. Dieser Prozess der Auseinandersetzung ist dem Schälen einer Zwiebel vergleichbar: Mit jeder gelösten Schale dringen wir tiefer in die verdrängten und ungelösten Fragen und Probleme unserer Geschichte ein. Die Auflösung der Verdrängung kann nur gelingen, wenn wir uns erinnern – erinnern an die «Verwundungen unseres Selbst».

Im Holon-Training werden neue Erfahrungsräume geöffnet: Wir fragen, was und wer wir sind, woher wir kommen, wo unser Platz im grösseren Zusammenhang des Lebens liegt und welche Verantwortung und Aufgabe in dieser Phase der erdgeschichtlichen Entwicklung für uns Menschen erkennbar ist. Und: Was bedeutet es, sich selbst als denkende Natur zu begreifen? Die intensive Beschäftigung mit unserem Tun, unseren Verhaltens- und Sichtweisen, den heutigen Normen und Werten unserer Kultur, all dies wird wichtig, wenn wir nach unserer Verantwortung für die zukünftigen Lebewesen fragen.

Vier Ebenen im Holon-Training

Das Holon-Training basiert auf vier Ebenen, die sich in der gesamten Fortbildung immer wieder wechselseitig durchdringen:

 

  • Die kognitive Ebene beinhaltet die Vermittlung theoretischer Kenntnisse der Allgemeinen Systemtheorie; der Theorie lebender, sich selbst organisierender Systeme; ihrer Bedingungen und Prinzipien wie Vielfalt, Multikulturalität, Flexibilität, Partnerschaftlichkeit, Kooperation, die Bedeutung von feedback-Prozessen und Erkenntnisse über Ursachen und Zusammenhänge von Krisen und Gefahren. 
  • Die emotionale Ebene erfordert die Bereitschaft zu einem intensiven Selbsterfahrungsprozess über unsere verdrängten inneren Reaktionen auf dem Zustand unserer Welt, den Austausch unserer Ängste und Schmerzen, aber auch unserer Freude und Liebe über die Schönheit der Schöpfung.
  • Die spirituelle Ebene soll die Fähigkeit, mit der Natur Kontakt aufzunehmen und unsere Grenzen zu akzeptieren, neu beleben, damit wir erfahren, was es heisst, Teil der Mitwelt zu sein. Wir widmen uns der Qualität der Achtsamkeit in Meditation, Stille und anderen Übungen.
  • Die Handlungsebene dient der Erarbeitung strategischer und praktischer Wege, uns in unserem Alltag bei wirkungsvollen Aktivitäten zu unterstützen. Dabei gehen wir von den Erfahrungen mit vielfältigen Möglichkeiten gemeinschaftlichen Handelns aus.

 

Das Holon-Training gliedert sich in die Gruppe Süd (Bodensee/Schwarzwald) und West-Nord (Marenbach im Westerwald), jeweils mit etwa zwanzig Teilnehmern. Insgesamt dauert die Fortbildung zwei Jahre und beinhaltet zehn Seminarabschnitte und neue Gruppen-Treffen zwischen den Seminaren sowie ein tiefenökologisches Projekt, schriftliche Ausarbeitungen und ein Literaturstudium. Im ersten Teil steht der persönliche Erfahrungsprozess im Vordergrund. Im zweiten Teil des Trainings geht es neben der Entwicklung konkreter Handlungsmöglichkeiten vor allem um die Vermittlung von didaktischen und methodischen Elementen, um tiefenökologische Prinzipien in den Lebensalltag und die Arbeit mit Menschen übertragen zu können.

Ermutigung

Wir wollen die Teilnehmer dazu ermutigen, mit der Schönheit der Natur, mit Feuer, Wasser Luft und Erde und mit den eigenen Selbst in Kontakt zu kommen. Sich das eigene Verhalten als Verbraucher und Konsument bewusst zu machen und Verleugnung, Verdrängung und Hilflosigkeit in kreatives Engagement zu verwandeln. Sich in politische und soziale Prozesse einzumischen und den anderen Teilnehmern in einem Zeitraum von zwei Jahren Sicherheit und Unterstützung zu geben, sich selbst zu entfalten.

Das Holon-Training, der «Schmerz der Entblössung », die Entwicklung von Visionen, braucht eine vertrauensvolle Gemeinschaft, ein Bündnis von Menschen, die dasselbe wollen. Deshalb gilt unser Interesse denjenigen, die ihren Teil der Verantwortung für die Entwicklung eines zukunftsfähigen Lebens übernehmen wollen. Da wir methodische und didaktische Kenntnisse zur Anwendung der Tiefenökologie im Berufs- und Lebensalltag vermitteln, ist diese Fortbildung besonders gut für Personen geeignet, die in und mit Gruppen und Organisationen leben und arbeiten. Ziel dabei ist, zwischenmenschliche oder vielmehr «zwischenkreatürliche» Beziehungen neu zu entwickeln und zu organisieren im Sinne von mehr Authentizität, Kooperation, Partnerschaft und liebevollem Miteinander.

Wir versprechen keine ultimativen Wahrheiten und Antworten. Wir möchten vielmehr eine Struktur anbieten, die es den Teilnehmenden und uns ermöglicht, Erfahrungsräume zu öffnen und, im Sinne eines sich selbst organisierenden Systems, gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Veränderungen, die dabei stattfinden, führen nicht etwa zu einem besonderen Expertentum in Sachen Ökologie oder etwa zu einer neuen Ideologie. Der Lernprozess führt vielmehr zu immer tieferen Schichten unseres Bewusstseins, aus denen letztendlich unsere Werte und Haltungen, unsere Sichtweisen und Strategien herrühren. Hier gilt es, Veränderungen einzuleiten, wenn wir Möglichkeiten entdecken und entwickeln wollen, den Prozess von Ausbeutung und Zerstörung im ökologischen wie im zwischenmenschlichen Beziehungsgefüge zu stoppen. Wir wollen diesen Prozess durch lebensförderliche und zukunftsfähige Alternativen ersetzen – frei nach Joanna Macy: «May all beings be happy».

Ich freue mich, wenn Sie neugierig geworden sind.

 Das Holon-Institut/Regionalbüro Südwest- Bodensee steht Ihnen für weitere Informationen und Rückfragen gerne zur Verfügung. Wir sind offen für Vorträge, Seminare oder andere Veranstaltungen.

Regionalbüro Bodensee-Südwest:
Günter Hamburger
Stockacher Str. 29
D–78579 Neuhausen o.E.
Telefon und Fax +41 7467-12 13

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