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Kolumne - Mai 2020

Bewusstsein

„Geh in deine Zelle und deine Zelle wird dich alles lehren, was es zu wissen gibt. Deine Zelle – Du selbst.“ Thomas Merton/Mystiker

Die Welt lebt nun seit einigen Wochen im shutdown-Modus, ein Modus indem wir mehr und mehr auf uns selbst zurückgeworfen sind. Das führt in all unseren Lebensbereichen zu einer starken Verunsicherung, die sich wiederum in einem Dauer-Ausnahmegefühl äußern kann – kann aber nicht muss.  

Was heißt das, was meine ich damit? Der ein oder andere wird sich mit dieser Aussage vielleicht bereits konfrontiert erleben und auf Ablehnung gehen, denn schließlich kommt das Problem ja komplett von außen und wir sind diesem scheinbar hilflos ausgeliefert! Jedenfalls erkennen wir dies als die tatsächliche Situation, wenn wir uns trauen, uns mit den fehlenden Hilfestellungen auseinanderzusetzen.

Die meisten Menschen sind allerdings weiterhin im Flucht- oder Kampfmodus, denn das kennen sie gut. Und bei denen, deren Kraftreserven und Möglichkeiten noch ausreichend gegeben sind, ist die Handlung weiterhin auf „Weitermachen möglichst wie bisher“, ausgerichtet. Ich habe da so meine Zweifel, ob wir in der Lage sein werden, danach einfach weiterzumachen wie bisher …

Jedoch möchte ich versuchen, mit Ihnen gemeinsam eine Änderung der Blickrichtung zu wagen. Der verschreckte Blick des hilflosen Kaninchens auf die Schlange bringt uns schließlich nur immer weiter in die Klemme und macht uns erst recht krank aus lauter Angst, wenn dieser Zustand lange anhält, und wie lange es dauert, das wissen wir aktuell nicht, es könnte durchaus auch noch länger anhalten.

Wir sind es mit unserer westlichen Denk- und Handlungsweise gewohnt, dass wir eine Dienstleistungsmentalität eingeübt haben, die uns in fast allen Lebensbereichen bisher erlaubte, ein auftauchendes Problem durch den Gang zu einem Spezialisten gelöst zu erhalten. Wir fühlten uns relativ frei in unserem Handeln, wenn auch ständig gestresst und ohne ausreichend Zeit für Familie oder gar uns selbst. Aber es lief. Und wir hatten zumindest immer eine Hoffnung, dass es bei einem auftauchenden Problem eine Hilfe gibt. Selbst bei den meisten der allerschlimmsten Krankheiten gibt es Therapieansätze und somit Hoffnung und Zuversicht.

Mir scheint, das hauptsächliche Problem der jetzigen Krisensituation ist-, dass uns genau diese Hilfestellung nicht mehr gereicht wird, bei gleichzeitigem ständigen vor Augen führen in sämtlichen Mainstream Medien eines unsichtbaren perfiden Feindes, der unser Leben bedroht, verbunden mit der Aussage: es gibt keine Hilfsmittel dagegen. Und vielleicht - wenn wir uns ganz still verhalten und unser gesellschaftliches und soziales Leben komplett aufgeben, und der scheinbar notwendigen Aufgabe unserer Freiheit und vieler Persönlichkeitsrechte zustimmen - dann trifft es uns nicht.

Das also zunächst zu der schonungslosen Betrachtung der Gesamtsituation, die uns in die Kaninchenposition bringt.

Daher, nach außen gerichtet kommen wir somit in absehbarer Zeit nicht wieder auf festen Boden wie es aussieht. Bleibt uns also die Gegenrichtung übrig, der Blick nach innen und auf die eigenen inhärenten Möglichkeiten und Ressourcen. Haben wir nicht interessanterweise in den vergangenen 5-10 Jahren eine so starke Beschäftigung mit dem Kennenlernen und Ausüben von entschleunigenden Werkzeugen wie: der Achtsamkeit, der Meditation, dem Yoga und ähnlichen Methoden in unseren westlichen Ländern verzeichnen können wie sie seit den Zeiten der dogmatischen Fixierung auf die Religionen unserer Großeltern nicht mehr üblich waren? Die Religionen haben viele Menschen seit einigen Jahrzehnten hinter sich gelassen, da die wertvollen Essenzen gleich mit dem Bade ausgeschüttet wurden, als es bekannt wurde mit welch dunklen Machenschaften das Ganze behaftet war und ist und auch - das sollten wir uns ehrlicherweise auch eingestehen - weil es a) mühsam und aufwendig ist zu kontemplieren (ja das gab es auch schon vor Yoga und Meditation) und b) weil es „unmodern“ und „uncool“ ist. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor in der Welt der Schönen, Erfolgreichen und Reichen, die all das ja schließlich auch nicht brauchen um dahin gekommen zu sein wo sie scheinbar sind.

Der Materialismus hat in den letzten Jahrzehnten in allen Disziplinen die Vorherrschaft übernommen. Ein offensichtlicher Ausdruck dessen ist das krebsartig, kranke Geldsystem und der einhergehende Kapitalismus, der vor unseren Augen gerade in Grund und Boden gestampft wird.

Wer brauchte schon noch eine Seele? Gibt es die überhaupt? Und was soll man mit dem Ansatz anfangen, dass diese sogar Zuwendung braucht, ähnlich dem Körper Nahrung erhalten muss? Ist ja nicht wissenschaftlich nachweisbar und somit wahrscheinlich gar nicht existent.

Sehr weit ausgeschlagen ist das Pendel der reinen materiellen Weltsicht. Interessanterweise hatten wir genau darüber bereits in den vergangenen Newsletter-Kolumnen am Jahresanfang philosophiert und siehe da, jetzt steht es unverhüllt und unverhohlen in seinen Auswirkungen in unserer Gefühlswelt direkt vor unserer Nase, nämlich dadurch, dass alles Äußere lahmgelegt wird. Dies als Bemerkung am Rande, aber wir wollten uns der heilsbringenden Blickrichtung widmen.

Zurück zu der Beschäftigung mit der Seelen-Nahrung, der Beschäftigung mit unserem SoSein. Spätestens jetzt mag sich der ein oder andere abwenden wollen, aber tun Sie es nicht, halten Sie durch. Es ist die wertvollste Konfrontation, die es in unserem Leben generell gibt und eben vor allem in Krisensituationen von uns abverlangt wird, um das ausgeschlagene Pendel wieder in seine Gegenrichtung zu bewegen.

Am Ende geht es immer und nur um genau das, wir haben es nur verloren oder in der Hektik des Alltages vergessen. Doch kennen wir alle einige Menschen, die nach einer überstandenen Krise in ihrem Leben sagen, dass das ihr Leben gedreht und in eine gute Richtung gebracht hat und sie um so viel stärker geworden sind dadurch.

Was, wenn auch diese weltweite Krise exakt die gleiche Wirkung und Ausrichtung - diesmal von allen Menschen auf der Welt gleichzeitig - von uns braucht, von jedem Einzelnen. Haben nicht bereits alle spirituellen Lehrer der Welt zu allen Zeiten festgestellt, dass allein die Änderung eines jeden Einzelnen bei und in sich selbst, zu der Veränderung der ganzen Welt führt? Vielleicht musste die Zeit jetzt so extrem werden, damit wir uns zu uns selbst mit dieser Hinwendung führen lassen MUSSTEN.

Es liegt an jedem von uns, nun ganz allein für sich und in seiner vollen Verantwortung zu entscheiden welche Blickrichtung wir uns in diesen Tagen aneignen wollen. Gepaart damit geht einher, die Entscheidung über die Beschäftigung dessen, was uns tatsächlich im positiven Sinne nutzt. Dabei ist das ständige Kreisen um das Problem und die Gespräche darüber hier sicher nicht dienlich, denn es führt uns von unserer Mitte weg.

Und hier und ganz zum Schluss wird nun offenbar, warum diese Vorrede das Hinführen zu unserem Monatsthema war:  Bewusstsein!

Denn um die Blickrichtung zu wählen, braucht es ein klares und entwickeltes Hinschauen und -fühlen darüber, worum es geht und wie alles zusammenhängt, damit der Mensch seine Entscheidung treffen kann, aber auch will, eben ein bewusstes Tun.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen wirklich und aus tiefer Seele, dass es Ihnen gelingt, immer wieder neu Ihre Blickrichtung auf die Stabilität Ihres Innenlebens auszurichten, und zwar ganz für sich alleine, ohne Dauer-Hilfe von außen. Dabei müssen wir vielleicht wieder aushalten lernen. Das Aushalten und Durchleben von Ängsten, die uns befreien und aus denen wir wie Phoenix aus der Asche entsteigen können.

Hier schreibe ich Ihnen noch einige Assoziationen und Impulse für Ihre Innenbeschäftigung der nächsten Wochen auf. Möge etwas Unterstützendes für Sie dabei sein:

Sich-bewusst-sein / Bewusstseinsforschung / -schulung / -training / Bewusstheit / Tagesbewusstsein / Unterbewusstsein / Selbstbewusstsein / ICH / Ego / Selbst / höheres Selbst / wahres Selbst / Wesenskern / Seele / Psyche / transpersonal / intrapersonal / interpersonal / Glaubenssätze / Muster / Tiefenpsychologie / Traumata / Schattenaspekte

Mit den besten Wünschen
Ihre

Reinhilde Burg

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