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Kolumne - April 2020

Sinnsuche und Lebenssinn

Auf der Suche nach dem aktuellen wissenschaftlichen Verständnis über die Sinnsuche des Lebens, bin ich an mehreren Stellen auf die scheinbar klare Einordnung innerhalb der verschiedenen wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Disziplinen gestoßen.

Diese bildet die Basis des sich daraus entwickelten Weltbildes bzw. der Lehrmeinung, die sich hieraus ergibt. Es stehen sich offenbar zwei Betrachtungsweisen diametral gegenüber:

Naturwissenschaftlich materielle Weltsicht vs. Ganzheitliche Weltsicht

Innerhalb der verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen hat sich das materielle Weltbild durchgesetzt. Das hat für die Definition dessen was der Mensch ist, weitreichende Folgen. Und so ergibt sich, dass die Definition des Menschen ausschließlich aus den rein physischen, also äußerlichen und mit wissenschaftlichen Mitteln beweis- und messbar zu machenden Ausprägungen heraus gebildet wird.

Die Biologen, Anthropologen und Ethnologen leiten sie dergestalt her, dass der Mensch als sog. Homo sapiens (lat.) - aufbauend auf einem entsprechenden Teil der darwinistischen Forschung -, aus einer fortlaufenden Entwicklung über unvorstellbar lange Zeiträume entstanden ist. Dabei ausgehend von einer großen Verwandtschaft mit dem Affen, wird er so der Gattung der Primaten als zugehörig kategorisiert. So weit so gut.

Nach einer verhältnismäßig neuen Sicht der Forschung der Humangenetik ist der Mensch wiederum das Produkt der Interaktion von einer riesig großen Zahl an DNS-Basenpaaren, die innerhalb der Vererbung in die nächsten Generationen weitergegeben und Stück für Stück evolutionär weiterentwickelt werden.

Der Mensch als soziales Wesen ist nach moderner Gangart ebenso das Ergebnis des Evolutionsprozesses, wie es auch die Sprache als Bewusstseinsbildner ist.

Aus der Physik und der Hirnforschung erhalten wir bei der Grundsatzfrage danach, ob der Mensch einen freien Willen hat oder wir einem deterministischen Leben ins Auge blicken müssen, die Antwort, dass es keinen freien Willen gibt.

Der Mensch als Zufallsprodukt der Evolution, so lässt sich die gängige Begrifflichkeit rund um das was der Mensch ist, naturwissenschaftlich kurz zusammenfassen.

Angesichts der vielfältigen medizinischen Möglichkeiten erleben wir in modernen Staaten bei den Menschen eine umfassender werdende „Machbarkeitsgläubigkeit“, die von der Retorte, über die Heilungsmöglichkeiten und Organverpflanzungen, bis hin ans Sterbebett eine große Erwartungshaltung generiert. Bei den Menschen ergibt sich hieraus, dass sie oftmals den großen Fragen des Lebens mit den einhergehenden Ängsten aus dem Wege gehen und meinen, sich nicht näher damit auseinandersetzen zu brauchen. Es ist für alles gesorgt und wir sind in Sicherheit.

Doch ach oh weh. Es scheint so zu sein, dass Leid und Tod die letzten Bastionen sind, die noch nicht so ganz in dieses materielle Weltbild hineinzubringen sind. So kommt es bei vielen Menschen - wenn Krisen innerhalb der Lebensschule auftauchen - dann doch zu der philosophischen Frage nach dem Sinn in ihrem Leben.

Welche Antworten haben die Wissenschaften uns hier als Hilfestellung anzubieten?

Es scheint so zu sein, dass insbesondere die naturwissenschaftlichen Disziplinen um die Klärung bereits bei der Begrifflichkeit in unseren modernen Zeiten einen großen Bogen machen. Es wird nicht mehr vom Lebenssinn gesprochen, sondern vermehrt vom Lebenszweck.

Doch – sind das tatsächlich Synonyme, oder handelt es sich um eine weitere Versachlichung, ganz im Sinne des Materialismus? Aus meiner Sicht so vermute ich, ist dem so.

Etwas an den Rand gedrängt und wie beschrieben oft nur im Zusammenhang mit Problemen auf dem eigenen Lebensweg ausgelöst, wird die Zuständigkeit für die Lösung dieser fundamentalen Suche an die Theologie mit den Religionen oder an die Philosophie abgegeben.

Denn laut einem Zitat aus: Philosophische Anthropologie, Gerd Haeffner Köln /2000, ist die Frage nach dem Lebenssinn eine individuelle Angelegenheit, die in der Naturwissenschaft nichts zu suchen hat:

„Diese Suche ist Sache jedes Einzelnen, meistens in dem Maß, wie er durch seine Veranlagung und seine Geschichte zu ihr befähigt und auch gedrängt ist. Wegen der großen Verschiedenheit der Lebensschicksale und wegen der wesentlich persönlichen und praktischen Natur der Sinn-Erfassung ist hier eine allgemeine anthropologische Wissenschaft und Reflexion überfordert; sie kann dem Einzelnen sein persönliches Suchen, Irren und Finden nicht abnehmen, indem sie ihm verlässliche theoretische Auskünfte und praktische Anweisungen lieferte.“

So wollen wir uns nun der Frage nach dem Sinn des Daseins doch auch noch aus ganzheitlicher Sichtweise ausgehend etwas annähern, die den Menschen als ein Wesen betrachtet, das aus einem Körper mit einer Seele und einem Geist besteht.

Dieses Weltbild steht auf einem völlig anderen Urgrund, denn es geht von einem Schöpfungsvorgang aus. Demzufolge muss es auch ein Schöpferwesen geben, das uns nicht nur nach einem „Bauplan“ erschaffen, sondern auch mit einem Entwicklungspotenzial ausgestattet hat. Das zeigt sich auf allen menschlichen Ebenen: dem älter werdenden Körper, dem lernenden Geist und auch an dem Seelenerleben, das sich an und durch tiefgreifende Erlebnisse immer wieder formt.

Hieraus leite ich einerseits im Ausschlussverfahren ab, dass es nicht sein kann, dass unser Leben ohne einen Sinn gelebt sein soll.
Als weiteres Indiz erlebe ich für mich in meinem Leben einen wiederkehrenden Drang, mich auf die Suche nach dem Sinn meines Lebens zu machen. Warum habe ich einen solchen Drang, wenn es kein tiefes Ahnen darum gibt, dass es einen solchen gibt?

In mir ist eine Vorstellung entstanden, dass es mehrere Lebenssinn/e zu geben scheint.

Zum einen DEN großen Lebenssinn, den wir als Menschen alle gemeinsam haben und mehrere, weitere Lebenssinne, die sich mir im Verlaufe meines eigenen Lebens teilweise immer neu oder anders gezeigt haben, je nachdem in welcher Lebensphase ich mich befinde.

Abschließen möchte ich die Beweislage dergestalt, dass es einige Langzeitstudien mit Menschen die ein sehr hohes Lebensalter erreicht haben gibt, die statistisch gesehen eindeutig zum Ausdruck bringen, dass diese Menschen sehr oft auch schlimmste Lebenssituationen nicht nur überlebt haben, sondern daraus sogar gestärkt hervorgingen und danach noch ein langes Leben lebten, wenn sie etwas hatten wofür es sich ihnen zu leben lohnte!

Dem gibt es nichts hinzuzufügen und letztlich muss offenbar jeder Mensch in dieser Frage eine Entscheidung treffen, welche Sichtweise er annehmen will. Daher möchte ich Ihnen auch zu diesem Thema noch ein paar Begriffe mit in den April geben für die weiteren Reflexionen:

Sinnfindung / Sinnsuche / Sinnkrise / Sinn- und Werterfüllung / Trauer/ Schmerz / Verlust / Krankheit / Lebensfreude / Sehnsucht / Sinnlosigkeit / Reflexion / Existenzfrage / Lebenslust / Leiden / Glückseligkeit / Philosophie / Religion / freier Wille

Mögen Sie zu den glücklichen Menschen gehören, die ihren Lebenssinn gefunden haben oder diesen immer wieder neu zu finden bereit sind.

Ihre

Reinhilde Burg

 

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